Grenzüberschreitende Problembewältigung des organisierten Verbrechens
- Kriminalprävention in der europäischen Union -
In Anbetracht der voranschreitenden Ausweitung Europas rücken grenzüberschreitende Strategien zur Prävention krimineller Banden immer deutlicher ins Blickfeld. Zwar kommt der UNO hinsichtlich der internationalen Verbrechensbekämpfung auch weiterhin höchste Priorität zu, doch auf EU-Ebene haben sich mittlerweile nennenswerte Strategiekonzepte im Rahmen von Beschlüssen, Programmen sowie Projekte etabliert. Einzelstattliche Bemühungen reichen nicht mehr aus, um raffinierten Verbrecherbanden den Kampf anzusagen.
Es folgt ein kurzer Überblick über die gegenwärtig bedeutsamsten Maßnahmen zur organisierten Kriminalprävention innerhalb der EU auf institutioneller und rechtlicher Ebene.
Institutioneller Rahmen
Mit Europol wurde im Kampf gegen organisierte Kriminalität eine EU-eigene Strafverfolgungsbehörde aufgebaut. Die Organisation gewährleistet eine grenzüberschreitende Koordinierung und Zusammenarbeit europäischer Polizei- und Zollbeamten, deren Arbeit sich von 1992 bis 1999 hauptsächlich auf die Bekämpfung des illegalen Drogenhandel fokussierte. Seit Juli ’99 hat Europol seine Kompetenzen erheblich erweitert, um Strukturen der organisierten Kriminalität innerhalb Europas aufzuspüren. Neben der Analyse europäischer Drogentrends und Schmuggelrouten zählen seitdem Delikte wie Menschenhandel, Schleuser- und Kraftfahrzeugkriminalität, Geldwäsche, Terrorismus, Schmuggel radioaktiver und nuklearer Substanzen, (Kinder) Pornographie bzw. sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern.
Mit Eurojust hat sich in seiner endgültigen Form in Den Haag 2003 eine justitielle Kooperation zwischen Innen- und Justizminister der Mitgliedsstaaten etabliert. Wenn Strafverbrechen grenzüberschreitend stattfinden und mehrere Staaten betroffen sind, geben nationale Staatsanwälte und Polizeibeamten in einer Konferenz Auskunft bezügliche zeitgleicher Aktionen und Zugriffe sowie allgemeiner Rechtsgrundlagen. Zur Unterstützung der justitiellen Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten hat die Europäische Kommission 1998 darüber hinaus das EJN, das Europäische Justizielle Netzwerk ins Leben gerufen. In den Bereichen Justiz und Inneres ist die Kommission in Absprache mit den Mitgliedsstaaten für Politiken und Maßnahmen zur Bekämpfung organisierter Kriminalität verantwortlich. Über das EJN kann dabei auf Kontaktstellen zugegriffen werden, die Institutionen mit Informationen via Mittelsmänner beliefern können. Im Jahr 2001 hat die Gründung des European Forum on Organised Crime Prevention für weitere Zusammenarbeit und Zusammenführung zwischen den Staaten und externen Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und der Zivilbevölkerung gesorgt. Das Forum soll zur Diskussion und Austausch von Maßnahmen gegen die Kriminalität beitragen.
Rechtsgrundlagen/rechtlicher Rahmen
Rahmenbeschlüsse der Einzelstaaten, die auf Bereiche der Wirtschaftskriminalität, bzw. Korruption, Cyberkriminalität, Drogenhandel etc. abzielen, müssen sich annähern, um gemeinsame Strafmaßnahmen zu etablieren. Seit dem 19.06.1990 wurde mit dem Schengener Übereinkommen eine Sicherheitspolitik der Kerngruppen Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Belgien und Luxemburg geschaffen, die (in der Theorie) in ihrem 142 Artikel starken Vertragswerk (u.a.) folgendes vorsieht:
grenzüberschreitende Strafverfolgung und Observation Krimineller
Verwendung des Schengener Informationssystem (SIS), einer Datenbank zur Personen- und Sachfahndung
Enge Kooperation der Polizei- und Zollbehörden hinsichtlich Auslieferung Krimineller sowie der Bekämpfung der Drogenkriminalität
(Oberloher 2001:143ff.)
Eine weiter wirksame grenzüberschreitende Kooperation hinsichtlich der polizeilich und justiziellen Strafverfolgungen organisierter Kriminalität gewährleistet der im Mai 1999 in Kraft getretene Vertrag von Amsterdam. Für Straftaten, die innerhalb der EU Grenzen verübt werden, bleiben jedoch weiterhin die Einzelstaaten verantwortlich. In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates in Wien wurde die Umsetzung des Amsterdamer Vertrages konkretisiert und ein Aktionsplan erstellt, der eine effiziente Umsetzung gewährleisten sollte.
Aktuell sollen Maßnahmen gegen das organisierte Verbrechen durch einen fünf Jahres Plan des Haager Programm 2005-2010 4./5.12.2004 abgedeckt werden. Seit 2004 zählen zudem alle Maßnahmen gegen organisierte Kriminalität zur Antiterrorpolitik der EU. In besagtem Programm soll weiterhin eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit gefördert werden, indem jegliche Behörden zur Strafverfolgung bei Bedarf Zugang zu Informationen der Mitgliedsstaaten gewährt wird. Prioritäten und Themen des Programms werden dabei in folgenden Bereichen gesehen:
- Grundrechte und Unionsbürgerschaft
- zweite Phase des Asylsystems
- Steuerung der Migrationsströme
- integrierter Grenzschutz an den Außengrenzen und Interoperabilität der Informationssysteme
- gegenseitige Anerkennung in Zivil- und in Strafsachen
- Zugang zu den für die Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität notwendigen Informationen
- Zukunft von Europol.